Kassel, den 28. Dezember 1999
Presse-Mitteilung Nr. 89/99 (zum Presse-Vorbericht Nr. 89/99)
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über die
Ergebnisse seiner Sitzung vom 16. Dezember 1999:
1) (= Nr. 2 des
Presse-Vorberichts)
Nachdem die BfA mitgeteilt hatte, sie halte den Fall
für ungeeignet für eine höchstrichterliche Entscheidung, und nachdem die Beteiligten
übereinstimmend ihre Absicht bekundet hatten, den Streit vertraglich zu beenden, haben
sie auf Vorschlag des 4. Senats des BSG den Rechtsstreit durch nachgenanntes angenommenes
Anerkenntnis erledigt und den thematisch weitergehenden Vergleich geschlossen:
1.
Die Beklagte erkennt an, daß dem Kläger mit Ablauf des 31.12.1991 ein Recht auf Altersrente
(für langjährig Versicherte) zusteht und daß der monatliche (dynamisierbare) Wert der ihm
seit dem 1.6.1992 zuerkannten Regelaltersrente mindestens 1.553,70 DM beträgt und zugleich
der wenigstens zustehende Auslandszahlbetrag und dem Kläger Rente zumindest in dieser Höhe
zu zahlen ist.
2. Der Kläger nimmt dieses Anerkenntnis und Vergleichsangebot an.
3. Die Beteiligten stimmen auch darin überein, daß die Beklagte dem Kläger dessen
im gesamten Rechtsstreit angefallenen außergerichtlichen Kosten erstattet.
4.
Die Beteiligten erklären ferner übereinstimmend, daß der Rechtsstreit in vollem Umfang
erledigt ist.
Nachdem die Beteiligten gegenüber dem Senat schriftsätzlich
erklärt hatten, sei schlössen miteinander den vorgenannten verwaltungsrechtlichen und
prozeßrechtlichen Vertrag, wurde der Termin aufgehoben.
SG Berlin - S 19 An
6370/94 - LSG Berlin - L 8 RA 92/96 - - B 4 RA 13/99 R -
2)
(= Nr. 1 des Presse-Vorberichts)
Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und
dem BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 GG folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
"Ist § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)
idF des Art 1 Nr 11 Buchst a des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum
und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums-
und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG -) vom 25. September 1996 (BGBl I S 1461),
in Kraft getreten am 1. Januar 1997, mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und dem
Rechtsstaatsprinzip vereinbar, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von
Anwartschaftsrechtsinhabern durch eine Neubewertung der ersten Berufsjahre
gemindert worden ist?"
SG Dortmund - S 4 An 277/97 -
LSG Nordrhein-Westfalen - L 13 RA 10/98 - - B 4 RA 11/99 R -
3)
Auf die Revision der Klägerin hat der Senat durch Teilurteil die vorinstanzlichen
Entscheidungen geändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Altersrente
wenigstens in der Höhe zu zahlen, die sich ergibt, wenn für die nach § 15 FRG
gleichgestellten Beitragszeiten die in den bindenden Verwaltungsakten nach der
VuVO als versichert geltend festgestellten Arbeitsentgelte zugrunde gelegt werden.
Die Verwaltungsakte nach § 11 Abs 2 VuVO waren bindend geworden und sind dies
geblieben, weil sie nicht spätestens bei Erlaß der Rentenbewilligung wirksam
aufgehoben worden sind. Demgemäß mußte die BfA bei der Festsetzung des Rentenwertes
für die FRG-Zeiten mindestens die Werte zugrunde legen, die sich aus diesen bindenden
Feststellungen ergeben.
Im übrigen hat der Senat das Verfahren ausgesetzt
und dem BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 GG folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
"Ist § 22 Abs 4 Fremdrentengesetz (FRG) idF des Art 3 Nr 4 Buchst b des
Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den
Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und
Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG -) vom 25. September 1996 (BGBl I S 1461),
in Kraft getreten am 7. Mai 1996 iVm Art 6 § 4c des Fremdrenten- und
Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) idF des Art 4 Nr 4 WFG, in
Kraft getreten am 7. Mai 1996, mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und
dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar, soweit dadurch die erworbene Rangstelle
von Anwartschaftsrechtsinhabern durch Vervielfältigung der für FRG-Zeiten
ermittelten Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 gemindert worden ist?"
SG Köln - S 5 An 350/97 - LSG Nordrhein-Westfalen - L 4 RA 28/98 - -
B 4 RA 18/99 R -
4) Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und dem
BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 GG folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
"Ist § 22 Abs 4 Fremdrentengesetz (FRG) idF des Art 3 Nr 4 Buchst b des
Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in
den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und
Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG -) vom 25. September 1996 (BGBl I S 1461),
in Kraft getreten am 7. Mai 1996 iVm Art 6 § 4c des Fremdrenten- und
Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) idF des Art 4 Nr 4 WFG, in Kraft
getreten am 7. Mai 1996, mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und dem
Rechtsstaatsprinzip vereinbar, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von
Anwartschaftsrechtsinhabern durch Vervielfältigung der für FRG-Zeiten
ermittelten Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 gemindert worden ist?"
SG Köln - S 5 RA 82/98 - LSG Nordrhein-Westfalen - L 4 RA 12/99 - -
B 4 RA 49/99 R -
5) Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und
dem BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 GG folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
"Ist § 22 Abs 4 Fremdrentengesetz (FRG) idF des Art 3 Nr 4
Buchst b des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und
Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung
(Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG -) vom 25. September 1996
(BGBl I S 1461), in Kraft getreten am 7. Mai 1996 iVm Art 6 § 4c des Fremdrenten-
und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) idF des Art 4 Nr 4 WFG, in Kraft
getreten am 7. Mai 1996, mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und dem
Rechtsstaatsprinzip vereinbar, soweit dadurch die erworbene Rangstelle
von Anwartschaftsrechtsinhabern durch Vervielfältigung der für FRG-Zeiten
ermittelten Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 gemindert worden ist?"
SG Stuttgart - S 15 RA 3717/97 - LSG Baden-Württemberg - L 13 RA 1262/98 - -
B 4 RA 49/98 R -
Grund der Vorlagen war im wesentlichen folgendes:
Die Kläger, die bei Inkrafttreten des WFG das 55. Lebensjahr vollendet
und die erforderliche Wartezeit - sogar mit eigenen Bundesgebietsbeiträgen -
erfüllt hatten, waren Anwartschaftsrechtsinhaber auf Altersrente. Ihr
Anwartschaftsrecht hatte einen zwar nicht in DM zu bestimmenden, jedoch
bezifferbaren Vermögenswert als Teilhabeberechtigung. Der Wert der
Teilhabeberechtigung wurde im wesentlichen durch ihre Rangstelle zu den
anderen im jeweiligen Kalenderjahr Versicherten im Verhältnis zum
durchschnittlich Versicherten bestimmt, verwaltungstechnisch ausgedrückt
in sog Entgeltpunkten. Dieses Anwartschaftsrecht ist in seinem bezifferbaren
Teilhabewert ein vermögenswertes Recht und eigentumsrechtlich geschützt. Durch
die vorgelegten Bestimmungen des WFG wurden bei einem Teil der
Anwartschaftsrechtsinhaber deren in der Vergangenheit erworbenen, auf
Beitragszeiten beruhenden Rangstellen herabgesetzt. Der 4. Senat des
BSG war davon überzeugt, daß die gesetzlichen Regelungen, die diesen Eingriff
in den Wert des Anwartschaftsrechts vornahmen, verfassungswidrig sind. Der
gesetzliche Grundrechtseingriff verletzt ua den Lastengleichheitssatz und
das im Übermaßverbot enthaltene Gebot, das mildeste Mittel zu wählen.
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