Die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung© Ernst Bruckner Die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung ist im Jahr 1979 durch großzügigen Einsatz des aus Siebenbürgen/Rumänien stammenden, international sehr erfolgreichen Kaufmanns Ernst Habermann mit einem Kapital von DM 500000,- gegründet worden. Der Stiftungsgründer war seiner siebenbürgischen Heimat in Rumänien ein Leben lang eng verbunden, obwohl sie ihm - wirtschaftlich gesehen - schon bald zu eng geworden ist. So übernahm er schon in den Dreißigerjahren große Vertretungen in Bukarest/Rumänien und machte sich einen Namen als Spezialist für den schnell wachsenden Markt der gesamten Getränkeindustrie. Nach dem Krieg konnte er trotz vieler Schwierigkeiten das kommunistische Rumänien mit seiner Familie verlassen und einen geschäftlichen Neuanfang zuerst in Österreich dann in Italien und der Schweiz beginnen. Seine weitere geschäftliche Entwicklung führt ihn bis nach Äthiopien und Kanada; in München ist ein von ihm gebauter großer Wohn- und Bürokomplex nach ihm benannt. Dem Stiftungsgründer schwebten ursprünglich andere Wege vor, seiner Heimat Siebenbürgen und dessen Menschen zu helfen. Im Vergleich mit den geschäftlichen Aktivitäten der Siebenbürger Sachsen in Nordamerika dachte er an die Gründung eines großen Finanzinstituts, das die finanziellen Möglichkeiten der vielen Einzelnen bündeln und für die Gemeinschaftsinteressen nutzbar machen könnte. Da es aber für das Projekt an gleichermaßen selbstlos tätigen Partnern fehlte, gründete Ernst Habermann dann allein die vorliegende Stiftung.
Vorbild für die Stiftung sind Leistungen, wie sie aus der Vergangenheit von bedeutenden Männern der Wirtschaft Siebenbürgens bekannt sind, allen voran Dr. Carl Wolff, der als Begründer der Hermannstädter Allgemeinen Sparkasse verfügte, daß die Hälfte der erwirtschafteten Erträge für Kirche, Schule, die Wissenschaft und kommunale Zwecke der Stadt Hermannstadt zuzuwenden waren, eingedenk der Erkenntnis "...daß die Macht des Kapitals nur bei Verwendung zum gemeinsamen Nutzen und Besten versöhnend wirkt". Stiftungszweck ist die Förderung kultureller und sozialer Belange, die Siebenbürger Sachsen berühren. Dazu gehören Stipendien für Schüler und Studenten, Hilfsmittel für Wissenschaftler und Künstler sowie die Unterstützung in Not geratener Siebenbüürger Sachsen. Motiv und Ziele der Stiftung werden aus dem Aufruf der Stiftung deutlich, mit dem diese an die siebenbürgische Öffentlichkeit ging und um Unterstützung warb. Die Ausführungen sind heute mindestens ebenso aktuell wie vor zehn Jahren: Die Tradition der Siebenbürger Sachsen manifestierte sich mehr als acht Jahrhunderte in der Fähigkeit zur Selbsthilfe, durch die große Gemeinschaftsleistungen entstanden. Sichtbarer Ausdruck dieses Pioniergeistes sind die Kirchenburgen und Wehrbasteien, an die einst Türken- und Tatarenstürme brandeten, in denen Bauern und Bürger sich trotzig wehrten, ihre Familien und den Heimatboden verteidigten. Die Selbstbehauptung prägte Sitten, Brauchtum, Geistes- und Kulturgut, die bäuerliche und gewerbliche Ordnung des Volkstammes und führte zu Formen eines Gemeinwesens, in dem Rechte und Pflichten so geordnet waren, daß "... keiner Herr und keiner Knecht" .., wie es im Sachsen-Lied heißt. Bedrohtes Erbe der Siebenbürger Sachsen bleibt - nach Enteignung des Besitzes an Grund und Boden in Siebenbürgen, durch Flucht und Aussiedlung als Kriegsfolge - allein das Geistes- und Kulturgut ihrer Vorfahren. Erhalten bewahren wollen sie Wissen und Werte ihrer angestammten Heimat hier und dort. Diese Forderung gilt in Deutschland, Österreich und in Übersee, wo sie die ihnen in Jahrhunderte währender "Diaspora" zugewachsenen Kulturwerte nicht versickern lassen, sondern sie einbringen wollen als ihren Beitrag zur gesamtdeutschen Kultur; nicht weniger notwendig ist es, zur Erhaltung der in Siebenbürgen verbliebenen Werte geistig und - wo immer möglich - auch materiell beizutragen. Durch unermüdlichen Einsatz des Stiftungsgründer und - nach seinem Tod - auch durch Hilfe seines Sohnes Hans-Christian Habermann konnte das Stiftungsvermögen auf nun annähernd 2 Millionen DM gesteigert werden, so daß die Stiftung jährlich deutliche Hilfsleistungen erbringen kann: a) Ein Schwerpunkt ist die Herausgabe der sog. Heimatbücher, also von Werken, in denen sowohl Alltag als auch Geschichte und Kultur siebenbürgischer Dörfer und Siedlungen ausführlich aufgezeichnet und für die Nachwelt erhalten werden. Diese Aufgabe ist besonders wichtig, da große Teile Siebenbürgens schon im Zweiten Weltkrieg von den Siebenbürger Sachsen verlassen wurden und da nun - gleichsam in einer zweiten Welle - eine große Auswanderung auch aus den übrigen Gebieten stattfindet. Binnen kurzem ist es vielleicht schon für jegliche Dokumentation zu spät - bisher konnten jedoch schon mehr als 20 solcher Heimatbücher realisiert werden. b) Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung siebenbürgisch-sächsischer Studenten und Wissenschaftler. Die Stiftung gewährt entsprechende Stipendien und Fördermittel, insbesondere vergibt sie in bisher zweijährigen Turnus auch den nach dem Stiftungsgründer benannten "Ernst-Habermann-Preis" für Arbeiten junger Wissenschaftler und Künstler, die sich mittelbar mit Siebenbürgen, mit den Siebenbürger Sachsen oder mit deren Belangen befassen. Der großzügig dotierte Preis wird jeweils beim traditionell in Dinkelsbühl stattfindenden Heimattag der Siebenbürger Sachsen feierlich überreicht. Auch unterstützt die Stiftung regelmäßig das Siebenbürgische Museum auf Schloß Horneck bei Gundelsheim, das mit einer Bibliothek und umfangreichen Sammlungen ausgestattet ist. c) Die Stiftung ist auf dem sozialen Sektor umfangreich tätig, insbesondere fördert sie das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. Diese von der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland gegründete Organisation sendet nun schon jahrelang in großem Umfang Hilfsgüter nach Rumänien, um dort die größte Not - insbesondere der Alten und der kinderreichen Familien - zu lindern. Dabei wurden z.B. von ehrenamtlichen Helfern eigenhändig bisher Zehntausende von Paketen gepackt und auf den Weg gebracht. Im Frühjahr 1990 organisierte Hans-Christian Habermann, der Sohn des Stiftungsgründers, für die Stiftung einen eigenen Hilfstransport großer Lastzüge, die verschiedene Dörfer und Siedlungen in Siebenbürgen direkt anfuhren und belieferten. Im März 1992 übernahm die Stiftung die Patenschaft über die Kirchenburg Tartlau und hilft seitdem, dieses Bauwerk zu renovieren und zu erhalten, das zu den schönsten seiner Art gehört. Die Stiftung steht weiterhin vor großen Aufgaben: Dokumentation und Rettung des nun von Verwaisung bedrohten siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes in Rumänien steht an vorderster Stelle. Unschätzbare Werte sind in Gefahr geraten. Die Stiftung muß Wege finden, kulturgeschichtlich einmalige Güter zu bergen. Das beginnt zum Beispiel beim einfachen Hausratsgegenstand und geht bis zum einmaligen Schriftbesitz in der Familie, es umfaßt das wertvolle Gemälde ebenso wie das seltene Buch, und es gilt für die in Archiven liegenden wissenschaftlichen Sammlungen und vieles andere mehr. Wenn nicht schnell gehandelt wird, ist das meiste in Gefahr, für immer in der Geschichtslosigkeit zu versinken. Denn mit jedem Siebenbürger Sachsen, der das Land unter dem Druck aussichtsloser Lebensverhältnisse verläßt, entsteht ein neuer Riß im Bestand des gefährdeten Kulturgutes. Siebenbürgen ist damit im Begriff, erhebliche Teile seiner Geschichte für immer zu verlieren. Die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung ist sich über diesen Vorgang mit der gebotenen Nüchternheit im Klaren. Sie ergriff bisher schon eine Reihe von Maßnahmen, um im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu bergen, zu retten, zu bewahren. Sie wird es angesichts der unausweichlichen sächsischen Auflösung in Siebenbürgen nun in erhöhtem Maße tun müssen und hofft auf einen dauerhaften Erfolg ihrer Bemühungen.
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