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Oswald Otto Kessler




Oswald Otto Kessler wurde am 25.02.1948 in Kerz (Siebenbürgen, Rumänien) geboren. Hier finden Sie einige seiner Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer Mundart sowie deren hochdeutsche Version.

Oswald Otto Kessler

Die Gedichte sind auch in Buchform erhältlich: Oswald Kessler/Elisabeth Kessler/Wilhelm Meitert: Af deser Ierd als Gast derhiem. Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer Mundart. 1996.

Das Buch kann über den Autor bezogen werden: Oswald Kessler, Tirschenreutherstraße 18, 81549 München, Telefon: 089-6893302.


Bai Kopesch um Reech


Bai Kopesch um Reech

Bai Kopesch
äs der Hemmel schwarz, des Nuechts.
Um Doch äs et de Ierd.
Bai Kopesch fräßt der Deiwelshierd
sich deff än´t Kakeltuel.

Bai Kopesch um Reech
stiht iensem e Bum,
verwänscht vun der Häx ois der Meer;
rahrst te dien un,
schwarz wird deng Herz
und häll deng Siil, wai der Teer.

Schwarz Blädder um Bum,
de Kniecht sen grum,
schwarz Blädder äm Bäsch,
der Schwiewel recht fräsch,
no Grass uch no Niewel,
no Morjen uch Dah,
no Hulz uch no Dochstahl,
no Ierd uch no Stien;
no Schwiewel uch Gäft
recht de gunz Gemien.

Bai Kopesch äm Tal wid det Eisen schniel oold,
nor de Legt bleiwen jang.
Der Reen lieft äm Pändel, de Gassen do uewen,
der Pändel äs Schwarz;
Det Drechdach hot Folden,
dai kun nemest bliechen ois sengem Gesicht;
Der Weng äs oisgewundert än de Geschicht,
dai nemest wäll schreiwen.

Bai Kopesch um Doch
sen schwarz alle Schof,
de Wisen sen rüd, der Ierdhangd äs düd,
Der Hirt
leß sich un de Kirchendirr najeln;
Najel sen bällich,
äs noch emest wällich?

Bei Kopisch am Berg

Bei Kopisch
ist der Himmel schwarz, des Nachts.
Am Tag ist es die Erd´.
Bei Kopisch frißt der Teufelsherd
sich tief ins Kokeltal.

Bei Kopisch am Berg
steht einsam ein Baum,
verwünscht von der Hex aus der Mähr;
rührst du den an,
schwarz wird dein Herz
und hell deine Seele wie Teer.

Schwarze Blätter am Baum,
Die Jung´s sind gram,
schwarze Blätter im Wald,
der Schwefel riecht frisch,
nach Gras und nach Nebel,
nach Morgen und Tau
nach Holz und nach Dachstuhl,
nach Erd´ und nach Stein;
nach Schwefel und Gift
richt das ganze Dorf.

Bei Kopisch im Tal wird das Eisen schnell alt,
nur die Menschen bleiben jung.
Der Regen läuft im Rock, die Straßen hinab,
der Rock ist schwarz
das Handtuch hat Falten,
die kann niemand bleichen aus seinem Gesicht;
Der Wein ist ausgewandert in die Geschicht´,
die niemand will schreiben.

Bei Kopisch am Tag
sind schwarz alle Schafe,
die Wiesen sind rot, der Erdhung ist tot,
Der Hirte
ließ sich an die Kirchentür nageln;

Nägel sind billig,
ist noch jemand willig?

 


Hiemet, angder gewässen Amständen


Hiemet, angder gewässen Amständen

Hiemet
kun für mech
angder gewässen Amständen
sihr wenijet sen;
Zem Baispäll, en Feldwiech,
oder en Wisenrund.

De inziech Bedaingung äs dai,
em soll ameränk nichen Autobahn hieren.
Wun dot net meglich äs,
kun Hiemet noch en Lied sen,
oder en Gedicht, und
siel ech angder desen Amständen
uch dai vergeßen hun,
bleiwst letzten Oindes
noch Ta!

Heimat, unter bestimmten Umständen

Heimat
kann für mich
unter gewissen Umständen
sehr weniges sein;
Zum Beispiel, ein Feldweg,
oder ein Wiesenrand.

Einzige Bedingung ist die,
man soll ringsum keine Autobahn rauschen hören.
Ist das nicht möglich,
so kann Heimat noch ein Lied sein,
oder ein Gedicht und
sollte ich unter diesen Umständen
auch die vergessen haben,
bleibst letzten Endes
noch Du!



U-Bahn-Gesichter


U-Bahn-Gesichter

Nierest
segst te esi vill nierest
segst te esi wenich
Mänschengesichter
de miesten hun statt Gesicht
Papeirmasken oder en ungesträchen Wund
durch dai se sahn
alle sahn se
durch de Wund wai durch näst oder
durch mech uch durch dech
är sahn begiestert den Hemmel
vun der U-Bahn är liesen
farwich Zegdung
fast nemest hot en Nober
nor üwen af der Ierd rieden
net glat alle
mät sech selwest.


U-Bahn-Gesichter

Nirgend
siehst du so viele nirgend
siehst du so wenige
Menschengesichter
die meisten haben anstatt Gesicht
Papiermasken oder eine getünchte Wand
durch welche sie hindurchsehen,
alle sehen sie
durch diese Wand wie durch nichts oder
durch mich und durch dich
einige schaun begeistert zum Himmel
der U-Bahn, andere lesen
farbige Zeitungen
fast keiner hat einen Nachbarn
nur oben an der Oberfläche sprechen sie
nicht unbedingt alle
mit sich selbst.

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